Transparenz mit Nebenwirkungen? Warum die Angst vor Gehaltsangaben unbegründet ist
Das Gehalt offen angeben – für viele Arbeitgeber/-innen immer noch ein Reizthema. Zu groß scheint die Sorge, Talente abzuschrecken, Neid im Team zu schüren oder sich im Markt angreifbar zu machen. Doch wie berechtigt sind diese Bedenken wirklich?
1. “Wir schrecken Bewerbende mit zu niedrigen Zahlen ab.”
Laut einer Stepstone-Studie brechen 73 % der Jobsuchenden Bewerbungen ab, wenn keine Gehaltsangabe in der Stellenanzeige steht.
Wie stark Gehaltsangaben Bewerbungsabbrüche beeinflussen
Wer faire und marktgerechte Gehaltsspannen angibt, filtert nicht nur gezielt, sondern schafft Vertrauen. Bewerber/-innen, die andere Erwartungen haben, sparen sich und dem Unternehmen Zeit. Das sorgt für mehr Qualität im Talentpool. Für Unternehmen, die sich dennoch Flexibilität bewahren möchten, kann ein Hinweis wie „Bereitschaft zur Überzahlung bei entsprechender Qualifikation“ oder „individuelle Anpassung möglich“ eine sinnvolle Ergänzung sein. So bleibt die Transparenz erhalten, ohne potenzielle Top-Talente mit höheren Erwartungen von vornherein auszuschließen.
2. “Dann fordern bestehende Mitarbeitende mehr Gehalt.”
Wenn Unternehmen Gehälter offen kommunizieren, fühlen sich bestehende Mitarbeitende benachteiligt – und pochen direkt auf eine Erhöhung. Ein Dominoeffekt, der zu Unruhe, Neid oder gar einer Gehaltsspirale führen könnte.
Doch Studien zeigen ein anderes Bild. Laut einer Umfrage von Haufe berichten Unternehmen, die sich für Gehaltstransparenz entschieden haben, von spürbar höherer Zufriedenheit im Team und geringerer Fluktuation. Warum? Weil Transparenz nicht nur bedeutet, Zahlen zu nennen – sondern auch die dahinter liegenden Kriterien offenzulegen.
Wer nachvollziehbar erklärt, wie sich Gehalt zusammensetzt, welche Faktoren eine Rolle spielen (z. B. Erfahrung, Verantwortungsbereich, Entwicklungsperspektiven), schafft Orientierung statt Spekulation. Das „Geflüster in der Kaffeeküche“ wird abgelöst durch nachvollziehbare Strukturen und ein faires Gesamtbild.
Das Ergebnis: Weniger Missverständnisse, mehr Vertrauen. Und: Mitarbeitende müssen nicht mehr im Dunkeln tappen, sondern wissen, woran sie sind – und was sie tun können, um sich weiterzuentwickeln.
3. “Wir machen uns angreifbar im Markt.”
Die Sorge, sich mit Gehaltsangaben in Stellenanzeigen zu sehr in die Karten schauen zu lassen, ist nachvollziehbar – aber nicht mehr zeitgemäß. Denn die Gehälter sprechen ohnehin: Plattformen wie kununu oder Glassdoor bieten längst detaillierte Einblicke in die Vergütungspraxis von Unternehmen. Diese Informationen stammen allerdings meist von (ehemaligen) Mitarbeitenden, sind oft veraltet oder lassen wichtige Kontexte – wie z. B. Standort, Erfahrungslevel oder Zusatzleistungen – außen vor.
Wer dem Markt durch aktive Kommunikation zuvorkommt, behält die Kontrolle über das eigene Arbeitgeberimage. Anstatt sich in einem lautlosen Wettbewerb zu verlieren, können Unternehmen mit klaren Gehaltsspannen Transparenz zeigen und sich bewusst positionieren – z. B. als fair, verlässlich und offen. Das signalisiert potentiellen Bewerber/-innen nicht nur Sicherheit, sondern schafft auch Vertrauen – ein entscheidender Faktor für die Candidate Experience. Besonders in einem umkämpften Arbeitsmarkt kann dieser offene Umgang mit sensiblen Themen ein echter Wettbewerbsvorteil sein.
4. “Es ist zu aufwendig, faire Bandbreiten zu definieren.”
Viele Unternehmen scheuen den Aufwand, eine faire Gehaltsspanne zu erarbeiten – dabei gibt es längst zuverlässige Tools, die dabei unterstützen. Die Entgelttransparenzanalyse, externe Vergütungsdatenbanken oder branchenspezifische Benchmarks liefern eine solide Grundlage für die Einordnung und Definition marktgerechter Gehaltsangaben.
Unsere Prozessgrafik visualisiert den Weg zur transparenten Gehaltsspanne:
Der Weg zur transparenten Gehaltsspanne
Die Definition einer fairen Gehaltsspanne erfordert anfangs Zeit und Abstimmung. Doch dieser Aufwand zahlt sich schnell aus: Stellenanzeigen mit klarer Gehaltsangabe führen nachweislich zu besser passenden Bewerbungen, weniger Rückfragen im Prozess und geringeren Nachverhandlungen. Außerdem entsteht eine Vorlage, die Sie für zukünftige Positionen effizient wiederverwenden können – und die intern für mehr Vergleichbarkeit sorgt.
Gehaltstransparenz ist keine einmalige Herausforderung, sondern ein struktureller Vorteil. Wer sich einmal die Mühe macht, schafft eine belastbare Grundlage für eine moderne, vertrauensvolle und effiziente Recruiting-Strategie.
5. “Unser Gehaltsmodell ist zu individuell für Standardangaben.”
Viele Unternehmen setzen bei der Festlegung von Gehältern auf transparente Bandbreiten und definierte Entwicklungspfade. Häufig wird dies über Stufen wie Junior- und Senior-Levels oder durch Zielvereinbarungen strukturiert.
Eine beispielhafte Stellenanzeige könnte wie folgt aussehen:
"Das genaue Gehalt richtet sich nach der Qualifikation sowie der relevanten Berufserfahrung. Innerhalb unserer festgelegten Gehaltsspanne von X bis Y bieten wir zudem klare Entwicklungsmöglichkeiten über definierte Levelmodelle. Diese ermöglichen es unseren Mitarbeitenden, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln."
Die transparente Darstellung von Entwicklungsmöglichkeiten ist ein entscheidendes Kriterium, um nicht nur die Offenheit des Unternehmens zu verdeutlichen, sondern auch attraktive Perspektiven für die persönliche und berufliche Weiterentwicklung zu bieten. Insbesondere Talente, die langfristig wachsen und einen echten Beitrag zum Unternehmen leisten möchten, werden durch ein solches Modell angesprochen.
Gehaltstransparenz ist kein Risiko, sondern ein strategischer Vorteil. Sie spart Zeit, schafft Vertrauen und stärkt das Arbeitgeberimage. Wer offen kommuniziert, gewinnt langfristig – mit besser passenden Bewerbungen und einer stärkeren Bindung der Mitarbeitenden. Am Ende profitieren nicht nur Unternehmen, sondern auch Bewerber/-innen von der Transparenz im Gehaltsprozess: Sie wissen, woran sie sind, und können sicher sein, dass ihre Erwartungen und Bedürfnisse gehört werden. Diese Klarheit fördert das Vertrauen – sowohl in der Stelle als auch in das Unternehmen als Arbeitgeber/-in.
Tipp zum Schluss
Fangen Sie klein an. Beginnen Sie mit Gehaltsbandbreiten, erklärenden Texten und gegebenenfalls einer kurzen Notiz im Stelleninserat. Der erste Schritt ist der entscheidende.
Gehaltstransparenz ist kein Trend, sondern ein echter Erfolgsfaktor im Recruiting. Wer sie strategisch nutzt, profitiert von mehr passenden Bewerbungen, einem effizienteren Auswahlprozess und einem glaubwürdigen Arbeitgeberimage.
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